
Vormittags ein paar Stunden auf den Feldern geackert und den Rest des Tages zuhause quasi eingesperrt, nichts mit Ausgehen und Freunde in einer Bar in Vélez-Málaga treffen – der erste Sommer der Corona-Pandemie war auch für Maria Martínez hart. „Da habe ich viel im Internet gesurft und bin auf Crowdfarming gestossen,“ berichtete sie uns , als wir sie Ende Oktober auf ihrer Finca Los Pepones besuchten. Das Konzept der Direktvermarktung über die Internet-Platform überzeugte sie.
Inzwischen haben 12 000 ihrer Bäume Paten, gut die Hälfte ihres Bestandes von Mango und Avocado. Paten aus halb Europa. Paten, die während des Urlaubes in Malaga, Nerja oder Torremolinos an der Costa del Sol in Andalusien „ihre“ Bäume besuchen, so wie wir. Und die sich nicht davon abschrecken lassen, dass das Navi mitten in der Pampa behauptet „Sie haben ihr Ziel erreicht“. Doch die Mobilfunk-Abdeckung hier ist super und nach ein paar Minuten kommt Natalia, Marias Mitarbeiterin aus Kolumbien, im Geländewagen angedüst und lotst uns zur Finca, nur ein paar Kurven weiter. Im Sommer besuchen pro Woche drei, vier Familien die Plantage und machen ein Selfie mit „ihrem Baum“, der auf Wunsch ein Namensschildchen bekommt. Während der Ernte ist nur Freitag Besuchertag.
Maria erzählt uns, wie groß ihre Finca ist:

Natalia erläutert Gabi die steigenden Besucherzahlen:
Die Axarquía, wo die Finca Los Pepones liegt, ist das hügelige Hinterland des Touristenhotspots Costa del Sol. Pittoreske Dörfer, oft auf bizarren Felsformationen gebaut, weiße Kalkfelsen, sommertrockene Bäche, und dazwischen große und kleine Plantagen. Früher waren die steilen Hänge vorwiegend bepflanzt mit den begehrten süßen Malagatrauben, inzwischen haben die meisten Landwirte umgestellt auf Zitrusfrüchte, vor allem aber auf Mango und Avocado, die in dem fast subtropischen Klima hier perfekt gedeihen.

Seit Juli 2020 ist Maria Martínez mit ihrem Familienbetrieb Los Pepones Mitglied von Crowdfarming.
„Früher war alles total unsicher. Wir hatten uns auf Ökolandwirtschaft spezialisiert, aber die Aufkäufer haben uns mal einen guten Preis bezahlt und mal eben nur den ganz normalen, niedrigen für konventionelle Produkte. Und wir wussten nie, wieviele Früchte uns abgenommen würden. Manchmal blieb ganz viel auf dem Feld einfach liegen.“ Manchmal wusste sie nicht, wie sie ihre Leute bezahlen sollte. „Mit Crowdfarming haben wir Sicherheit. Wir wissen, wieviele Früchte uns abgenommen werden, zu dem Preis den wir festsetzen und durch die Patenschaften haben wir schon am Anfang der Saison Geld und können investieren. Crowdfarming hat uns Ruhe gegeben“.
Das anerkennt inzwischen auch Marias Vater. Er hat seiner studierten Tochter, Maria hat einen Master in Agrarwissenschaft, schon früh den traditionellen Familienbetrieb von 70 Hektar übergeben. Hat sie tatkräftig bei der Umstellung auf biodynamische Wirtschaftsweise unterstützt, dem Konzept der Direktvermarktung via Internet jedoch stand er anfangs sehr skeptisch gegenüber. Nun versucht er, auch andere Kollegen von dem Konzept zu überzeugen.
Bacon, Fuerte und Hass heißen die Avocados , die auf der Finca Los Pepones von Maria Martínez bei Vélez-Málaga angebaut werden. Repalme, Keitt oder Sensación die Mangos, unterschiedlich in Größe – von faustdick bis pampelmusengroß – und Erntezeit, Avocados von Oktober bis März, Mangos von August bis November. 20 bis 30 Kilo Früchte trägt ein Baum pro Saison, geerntet wird nur jedes zweite Jahr „der Baum soll sich erholen“ meint die Agrarwissenschaftlerin Maria. Wer hier gewaltige Mangobäume von südamerikanischen Dimension erwartet , der wird enttäuscht sein, die andalusischen Mangobäume sind gerade mal mannshoch.
Maria erklärt uns die Etappen der Avocadoernte:
Die 50 festangestellten Mitarbeiter der Finca sind das ganze Jahr über gut beschäftigt, berichtet Maria. Eines der Prinzipien von Crowdfarming, die uns überzeugt haben: neben den ökologischen Gesichtspunkten sind die sozialverträglichen Arbeitsbedingungen klar geregelt und werden auch kontrolliert.
Die Wirtschaftsweise ist biodynamisch, das bedeutet zB dass die Bäume nur mit hofeigenem Kompost gedüngt werden, dass die Pflanzen gegen Würmer und Insekten mit einem Orangenölpräparat behandelt werden, nach der Ernte. Irritiert haben uns die Wasserflaschen aus Plastik, die in manchen Bäumen hängen : es sind handgemachte Pheromonfallen gegen einen gefürchteten Fressfeind, die „Mosca del Mediterráneo“, die Mittelmeerfliege. Kann man Nachhaltigkeit besser beschreiben ?

Das gravierendste Problem des Ökolandbaus im heißen, regenarmen Andalusien aber ist das Wasser. Mango- und vor allem Avocadoplantagen sind als Wassersäufer verschrieen. Maria, die studierte Agrarwissenschaftlerin, hat gleich zu Beginn ihrer Übernahme des traditionellen Familienbetriebes eigene Statistiken über dieses und jenes erstellt, auch über den Wasserverbrauch. Zuviel, hat sie damals errechnet. Das Zauberwort heißt Tröpfchenbewässerung, Bei unserem Besuch im Oktober 2022 lagen zwischen den Bäumen dünne schwarze Plastikschlangen, Schläuche für die direkte Bewässerung der Bäume. Aufwendig im Unterhalt, teuer, aber sinnvoll und effektiv. Allerdings verdunstete immer noch ein Teil des kostbaren Wassers unter der brütenden andalusischen Sonne. Heute (August 23) hat Maria uns geschrieben, dass „ein weiteres Jahr Regenmangel uns gezwungen hat, uns neu zu erfinden, unsere Ressourcen zu optimieren“. Konkret heißt das, dass die Bewässerungsschläuche nun tief in die Erde gelegt werden, eine Heidenarbeit, aber „nun werden die Tropfschläuche direkt mit der Wurzel verbunden, so dass wir kein Wasser durch Verdunstung verschwenden“ und das Wasser komplett den Bäumen zugute kommt.
Reportage von Gabi Schwall – Aktualisiert im August 2023
Fotos und Videos: Frank Lehmann

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